von Tobias Meier | Sep 21, 2020 | Allgemein
Herzlichen Glückwunsch! Köln kann sich über eine höhere Beteiligung bei den Kommunalwahlen gegenüber 2014 freuen. Die Beteiligung in ganz Köln ist von 49,66 auf 51,41 Prozent, also um 1,75% gestiegen (Ratswahl). Auch die drei Bezirke Chorweiler, Ehrenfeld und Nippes, in denen STARK! im Kölner Norden und die Demokratiewerkstatt im Kölner Norden aktiv sind, können sich über Zuwächse freuen.
Die absolute Zahl der Menschen, die für den Integrationsrat abgestimmt haben, ist seit der Wahl 2014 sehr stark angestiegen, von 34.811 auf 45.734. Das sind satte 10.923 Personen mehr gegenüber 2014. Die Zahl der Wahlberechtigten hat seit dem um mehr als ein Drittel, um 82.346 Personen zugenommen (von 225.251 auf 307.597). Die prozentuale Wahlbeteiligung an der Integrationsratswahl ist zwar leicht gesunken, insgesamt haben 2020 14,87% der MigrantInnen für den Integrationsrat abgestimmt, 2014 waren es 15,45%. Angesichts der vielen ErstwählerInnen, die erst in den letzten 5 Jahren nach Köln gekommen sind und schon jetzt den Weg an die Urne gefunden haben, ist es dennoch ein großer Erfolg. Sie standen vor allem im Fokus der Kampagne der Demokratiewerkstatt.
Der 13. September 2020: Ein guter Tag für die Demokratie!
Gespräch mit Frau Reker, parteilose OB-Kandidatin und amtierende OB von Köln.
Für diese Erfolge haben sich in den vergangenen Monaten sehr viele Menschen engagiert und Veedels-, Vereins-, Religions- und weltanschauungsübergreifend an einem Strang gezogen. Mit beeindruckender Energie wurden Informationen geteilt und Aktionen zur Steigerung der Wahlbeteiligung realisiert. Dass das Interesse an kommunaler Politik zugenommen hat, ließ sich schon im Vorfeld beobachten: 2020 gab es deutlich mehr Kandidaten für den für den Integrationsrat und den Posten der/des OberbürgermeisterIn. So hat zum Beispiel auch Haus Afrika dieses Mal eine eigene Liste ins Rennen geschickt. Allein diese positive Gesamterfahrung ist ein großer Gewinn für die Demokratie im Kölner Norden.
Gespräch mit Andreas Kossiski, OB-Kandidat der SPD.
Umfangreiche Kampagne der Demokratiewerkstatt und STARK! im Kölner Norden
Der Kommunal-Wal machte Menschen mit einem Augenzwinkern auf die anstehenden Wahlen aufmerksam.
Zunächst haben wir uns beim Online-Seminar der Demokratiewerkstatt im Kölner Norden per Videokonferenz und Online-Lernplattform „fit für die Wahlen 2020“ gemacht. In der anschließenden Kampagne „Viele Gründe, eine Botschaft: Wählen gehen!“ haben über 40 Menschen und Gruppen Gesicht für die Wahl gezeigt und ihre Botschaften für das Wählen geteilt. Wir haben drei ausführliche persönliche Gespräche mit den stärksten Oberbürgermeister-KandidatInnen, Henriette Reker (parteilos), Andreas Kossiski (SPD) und Jörg Detjen (Die Linke) geführt. Geflüchtete haben mit uns zum ersten Mal die Erfahrung einer demokratischen Wahl gemacht. Der „Kommunal-Wal“ war unterwegs, hat für Aufmerksamkeit gesorgt und Wahl-Aktionen begleitet. Wichtige Informationen wurden per Messenger direkt in die Hosentaschen der (Erst-)Wählerinnen und Wähler geteilt. Dabei waren die Integrationsratswahlen stets genauso im Fokus wie die Kommunalwahlen.
Eine Gruppe des DTVK e.V. hat sich aufgemacht um gemeinsam an der Direktwahl teilzunehmen.
Per Messenger wurden Basis-Informationen zum teilen aufbereitet.
Digitale Kampagnen zum Schutz vor Corona
Bereits Anfang 2020 hat sich die BP zusammen mit der Demokratiewerkstatt im Kölner Norden für eine Kampagne zur Erhöhung der Wahlbeteiligung entschieden. Corona hatte die Planung zwischenzeitlich ziemlich durcheinandergewirbelt. Statt vieler persönlicher Gespräche und vielfältiger Aktionen zu Pfarrfesten, Sommerfesten und Ramadan haben die Gruppen deutlich mehr digital und dezentral organisiert. Insgesamt ist es bemerkenswert, dass sich die zusätzlichen Herausforderungen durch Corona und die damit verbundenen Schutzmaßnahen nicht im großen Umfang negativ auf die Wahlen ausgewirkt haben.
Damit es auch im Schaukasten hängen kann, wurden die Posts für die digitale Kampagne auch als Plakat gestaltet
Die Schere geht weiter auseinander?
Aber es zeigt sich leider auch, dass die Schere zwischen den Stadtteilen weiter auseinandergeht. Während auf Stadt- und Stadtbezirksebene die Beteiligung bei der Kommunalwahl deutlich gestiegen ist, mussten Stadtteile die sozial und strukturell mit größeren Herausforderungen kämpfen, in ganz Köln sinkende Beteiligungszahlen verzeichnen. Im Kölner Norden waren dies die Stadtteile Bocklemünd/Mengenich und Chorweiler (im Gegensatz zum gleichnamigen Stadtbezirk Chorweiler). Die stärksten Rückgänge gab es stadtweit aber vor allem rechtsrheinisch, in Vingst und Neubrück. Ein Trend, dem es weiterhin gilt entgegenzuwirken.
Nun geht es am 27. September in die Stichwahl zwischen Frau Reker (parteilos) und Herrn Kossiski (SPD). Wir führen unsere Kampagne fort, informieren über Ablauf, Möglichkeiten zur Stimmabgabe und erinnern daran, das Wahlrecht in Anspruch zu nehmen.
Mit den Erfahrungen dieses Jahres nehmen wir schon jetzt die kommenden Wahlen in den Blick. Dann hoffentlich auch wieder mit dem Wahl-Wal aber ohne Gesichtsmasken und Abstand.
von Tobias Meier | Apr 10, 2020 | Allgemein
Ob Naturkatastrophe, wirtschaftliche oder humanitäre Krise. Die Erfahrung zeigt, dass diejenigen besser durch die Krise kommen, die über tragfähige persönliche BINDUNGEN und eine gute KOORDINATION verfügen. Genau darum geht es im Community Organizing.
In den vergangenen drei Wochen haben die Gruppen von STARK! im Kölner Norden einen Aktionsplan ausgearbeitet, um der Corona-Krise zu begegnen und begonnen zu arbeiten. Dazu haben auch zum ersten Mal die Bürgerplattformen Bundesweit aus Berlin, Duisburg und Köln gemeinsam an einem Thema gearbeitet. In einer Befragung der Mitgliedsgruppen und lokalen, regionalen, Bundesweiten und thematischen online-Konferenzen wurden die aktuelle Lage, Bedarfe und Handlungsfelder bestimmt. Auch wenn wir nicht genau wissen, was auf uns zukommt, lässt sich ein Fahrplan für die kommenden Monate absehen.
- In Kontakt bleiben. Wir halten die Beziehungen zueinander aufrecht.
- Hilfe und Solidarität leben. Wir entwickeln gemeinsam, konkret und solidarisch Hilfen, um Gruppen in der Ausnahmesituation zu stärken aber vor allem um den mittel- und langfristigen Herausforderungen aktiv zu begegnen.
- Wir arbeiten weiter an unseren Themen, auch wenn sich viel verändert.
- Zurück zu den Grundlagen. Wir nutzen die erprobten Methoden des Community Organizing um die Krise zu meistern und gestärkt aus ihr hervorzugehen. Dafür sind sie gemacht.
- Not macht erfinderisch. Wir gehen mit den Herausforderungen kreativ um und nehmen positive Entwicklungen mit in die Zeit „nach Corona“.
Ein erster wichtiger Schritt zur Bewahrung unserer Handlungsfähigkeit war die Umstellung von einer Kultur der persönlichen Begegnung auf die Arbeit per Telefon und Internet. Auch wenn das persönliche Treffen nie ersetzt werden kann, hat das sehr gut funktioniert. Es war eine große Leistung, dass alle diesen Schritt mitmachen konnten. Denn es kann nicht vorausgesetzt werden, dass alle den gleichen Zugang zu Geräten, gutes Internet und das technische Know-How haben. Teilhabe kann hier auch nur gelingen, wenn gegenseitige Unterstützung greift.
Im nächsten Schritt wurden in Berlin, Köln und Duisburg gemeinsam die wichtigsten Fragen zusammengetragen, an denen auch in Köln ein ad-hoc Team weiterarbeitet.
- Wie kommt Hilfe bei denen an, die sie wirklich brauchen?
- Wie können Gruppen weiterhin handlungsfähig sein und Organizing betreiben?
- Beziehungen pflegen, aufbauen und halten
- Kontakte zu Entscheidern erhalten und erweitern
- Möglichkeiten finden, um Aktivitäten und Aktionen durchzuführen
- Konkrete Ideen für Ramadan und Ostern
- Finanzielle Hilfen und Notlagen: Welche Hilfen gibt es und kommen sie bei denen an, die sie wirklich brauchen? Welche Hilfen fehlen?
- Hier drängt besonders die Frage, wie kleinere Vereine, MSO´s und Gemeinden, die sich bisher selbstständig finanziert haben, ihre Ausfälle ersetzen können. Diese Organisationen leisten einen äußerst wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Krise. Anders als Unternehmen und Selbstständige können sie bisher kaum auf Hilfe zugreifen.
- Wie können wir gute Ideen über die Krise retten? Wie lassen wir kreative Ideen entstehen und nutzen die derzeitige Offenheit für eine nachhaltige Stärkung?
- Was passiert in anderen Ländern, mit denen wir verbunden sind, was in Europa?
- Wird die Last der Krise gerecht verteilt? Wer „zahlt die Zeche“, wer empfängt Hilfe?
- Was passiert in der Politik? Wachsen Populismus, rechte Tendenzen und Spaltungen?
Wir arbeiten weiter an unseren Themen
- Diskriminierung im Fitnessstudio. Auch hier hat sich viel geändert. Die Studios sind ebenfalls von der Schließung betroffen und werden wahrscheinlich Hilfen erhalten.
- Faire Wohnungsvergabe. Wie wird sich die Corona-Krise kurzfristig auf den Wohnungsmarkt und eine mögliche wirtschaftliche Rezession auf den Bau neuer Wohnungen und die Mitpreise auswirken? Nur einige von vielen Fragen, die uns beschäftigen.
- Wird es eine Kommunal- und Integrationsratswahl am 13. September geben? Wenn ja, in welcher Form? Wird ein Wahlkampf für die Parteien möglich sein?
Nach der Krise
Momentan ist kaum abzusehen, wann es ein „Danach“ geben wird und wie es aussieht. Wir rechnen derzeit mit einer schrittweisen Öffnung, dass allerdings große Veranstaltungen und damit auch unsere Aktionen mit mehreren Hundert TeilnehmerInnen noch viele Monate untersagt bleiben werden. Daher werden wir neue Formen des gemeinschaftlichen Handelns finden müssen. Aber besonders am Thema der Wahlen und der Wahlbeteiligung werden wir in dieser Zeit arbeiten.Wahrscheinlich ist auch, dass die Auswirkungen des shut-downs und einer möglichen Wirtschaftlichen Rezession Themen für 2020 und 2021 ergeben werden.