Hey Flexx, lasst uns reden!
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Update
Schon am Nachmittag unseres Kampagnentags, dem 18.6., erreichte uns eine Antwort auf unsere Anfrage der Flexx Fitness GmbH, vermittelt durch HÖCKER Rechtsanwälte. Heute hat Flexx Fitness diese Reaktion auf Twitter veröffentlicht:
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Hey Flexx, lasst uns reden!
Langsam kommt nach dem Corona shut-down wieder Leben in die Stadt. Cafés und Geschäfte sind offen und seit einigen Wochen auch die Fitnessstudios. Endlich wieder trainieren, super! Und das gern in guter Atmosphäre, ohne Stress und unangemessene Sprüche vom Stepper nebenan.
Aber Moment! Wir haben da gehört, dass das nicht für alle so einfach ist. Viele Leute, deren Familien nicht aus Deutschland stammen, können Geschichten davon erzählen, wie sie bei Fitnessstudios abgeblitzt sind. Das ist leider immer häufiger der Fall. In Köln gibt es besonders viele dieser Erfahrungen mit Studios von Flexx Fitness / Die Fitness-Polizei.
Angenehme Atmosphäre? Finden wir auch gut!
Offensiv wirbt die Kölner Kette auf ihrer Homepage damit, ihr Publikum zu “selektieren”: “Störenfriede haben keine Chance”. Klingt erstmal super. Doch wie funktioniert das eigentlich? Fliegt man raus, wenn man Stress macht? Nein.
Viele junge Männer erzählen davon, dass sie bei dem Versuch sich anzumelden auf eine „Warteliste“ gesetzt wurden, da grade leider keine Plätze frei seien. Gleichzeitig konnte sich der „deutsche“ Kumpel anmelden. Komisch.
Wir haben ein wenig recherchiert und herausgefunden, dass es wohl in der Verantwortung der Mitarbeitenden liegt, bei Anmeldung zu entscheiden, wer zum Studio passt und wer nicht. Ähnlich wie bei Türstehern an der Diskotür. Die „Selektion“ scheint daher sehr subjektiv und total abhängig von den individuellen Erfahrungen der Mitarbeitenden zu sein. Und: wenn ein Kunde dann doch Ärger macht, bekommt auch der oder die Mitarbeitende die ihn reingelassen hat Ärger. Das erklärt natürlich, warum die oft jungen Auszubildenden, die den Job machen müssen, lieber extravorsichtig sind. Und es erklärt, warum es durchaus Leute mit Migrationsgeschichte gibt, die reingekommen sind und glücklich trainieren.
Es trifft also auch viele potentielle vorbildliche Kunden. Das ist nicht nur unfair und diskriminierend, FLEXX geht so auch eine Menge Geld durch die Lappen! Wäre das nicht ein Anreiz, die Auswahl zu verbessern? Wir haben da Ideen, die wir in einem Gespräch mit der Geschäftsführung vorstellen wollen.
+++ An dieser Stelle wurde eine Passage entfernt +++
Wir fordern, dass FLEXX diese Auswahlpraxis ändert und statt dessen bessere Maßnahmen anwendet, um die Atmosphäre in den Studios angenehm zu halten.
- Keine „Selektion“ aufgrund von äußeren Merkmalen oder Namen. Nur wer wirklich Stress macht, darf ausgeschlossen werden.
- Keine vorgeschobenen Gründe wie „keine freien Plätze“. Ehrlichkeit ist Trumpf.
- Kein Abwälzen der Verantwortung für die Auswahl auf die Mitarbeitenden.
- Sport–Hijabs erlauben. Sie sind sicher und hygienisch.
Das lässt sich doch machen, oder? Darüber wollen wir mit der Geschäftsführung von FLEXX reden. Wir bringen gern Ideen und ExpertInnen mit, die die Verbesserungen mit der Geschäftsführung ausarbeiten.
Bis zu unserer Aktion am 18.6.2020 gabe keine Reaktion der Geschäftsführung
Wir haben zunächst versucht, auf dem normalen Weg mit den Geschäftsführern von FLEXX ins Gespräch zu kommen. Aber wie schon Vertreter der Presse, von Antidiskriminierungsstellen und anderen Akteuren vor uns, wurden wir mit unserem schlicht ignoriert.
Da aber nicht nur uns der Zustand ärgert, haben wir in den vergangenen Monaten ein zivilgesellschaftliches Bündnis geschmiedet, das sich zum Ziel gesetzt hat mit FLEXX zu sprechen und gemeinsam bessere Lösungen zu finden.
Kontext unserer Aktion
Der Ursprung unserer „FLEXX, lasst uns reden!“-Kampagne war eigentlich die Situation der Sportangebote im Kölner Norden. Vor allem für Junge Leute aus unseren Mitgliedsgruppen sowie weitere Akteure im „hohen“ Kölner Norden, sprich dem Bezirk Chorweiler, ist der Mangel an Fitnessangeboten ein Thema. Eine Situation, die für Ehrenfeld oder Lindenthal kaum vorstellbar ist, wo ein Studio neben dem nächsten steht. Als wir in den Gesprächen dann hörten, dass die Situation sich für die, die als „Muslime/Türken/Arbaber“ gelesenen werden, noch verschärft, weil ihnen die Anmeldung in den günstigen Studios der Fitness-Polizei in Dormagen und am Butzweilerhof verwehrt wird, entschlossen wir uns, das Thema aufzugreifen. Auch wenn es unser generelles Ziel ist, ein besseres Sport- und Fitnessangebot im Kölner Norden für JEDEN zu erreichen, konnten wir die Geschichten über die schwierige „Tür“-Situation bei FLEXX nicht ignorieren. Durch einen genaueren Blick ließ sich auch rasch feststellen, dass es ähnliche Geschichten auch über andere Studios der Kette gibt und viele andere bereits auf diese Praxis aufmerksam gemacht haben.
Wer mehr zum Thema lesen möchten findet hier viele Infos:
https://www.bild.de/regional/koeln/fitnessstudio/abgelehnt-weil-er-auslaender-ist-35030730.bild.html
https://www.oegg.de/bekaempfung-von-diskriminierung-in-fitnessstudios/
Der dritte gemeinsame Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, des Bundestages und der/des Beauftragten der Bundesregierung beschreibt Diskriminierung im Fitnessstudio bzw. bereits beim Zugangsversuch zur Mitgliedschaft als ein zunehmendes bundesweites Phänomen. Besonders seo verwiesen auf die Seiten 18- 21, 31- 41, und 84- 87 (7% der Fälle der Diskriminierung betreffen Fitnessstudios) sowie zu guter Letzt 93- 98.
Einige Kundenrezensionen:
Hier der vorletzte Kommentar zur der Selektion: https://www.kennstdueinen.de/fitnessstudio-koeln-flexx-fitness-koeln-d26476-03.html#review-list-anchor
Hier der letzte Beitrag unten: https://www.kennstdueinen.de/fitnessstudio-koeln-flexx-fitness-koeln-d26476-02.html#review-list-anchor
Zweiter Beitrag von oben: https://www.yelp.de/biz/flexx-fitness-k%C3%B6ln-21
Dritter Kommentar von oben: http://koelnblogging.com/erfahrungsbericht-flexx-fitness-koeln/
Bericht des Antidiskriminierungsbüro Köln (OegG):https://www.oegg.de/wp-content/uploads/2018/04/oegg_Bericht_2016_8_web.pdf S.10, S. 16, S. 25/26, S. 30, S. 35 berichtet von einem Gespräch mit IHK und Gewerbeamt über rassistische Diskriminierung durch FLEXX Fitness
Ähnliche Fälle und Gerichtsurteile:
https://taz.de/Vorwuerfe-gegen-Fitness-Studio/!5157647/
https://www.migazin.de/2020/02/18/diskriminierung-gericht-fitnessstudio-muslimin-1000-euro/